Dramen sind für die Bühne konzipiert

09.01.2024 – Dies zeigte sich, als 39 Schülerinnen und Schüler der Deutsch-Leistungskurse gemeinsam mit ihren Lehrerinnen Frau Maurer, Frau Vollmer und Frau Yagmur am Abend des 30. November 2023 am Heilbronner Theater eine Inszenierung von Georg Büchners „Woyzeck“ im Großen Haus besuchten.

Das Drama, das aufgrund Büchners frühen Todes 1837 nur als Fragment überliefert ist, offenbart die Tragik eines gehetzten Außenseiters, der zum Täter wird, und ist Pflichtlektüre für die diesjährigen Abiturienten.

 

Bereits vor dem Theaterbesuch war eingehend im Unterricht darüber diskutiert worden, wodurch die Hauptfigur Woyzeck ins Verbrechen getrieben wird bzw. inwieweit sie verantwortlich für dieses gemacht werden kann. Während die Positionen der Schülerinnen und Schüler in dieser Frage zunächst noch ambivalent waren, äußerte eine Schülerin nach der Vorführung: „Mir sind die Faktoren, die so gehäuft und negativ auf Woyzeck einwirken, beim Zuschauen viel deutlicher geworden als beim Lesen.“

 

Damit unterstreicht sie, dass es dem Regisseur und der Dramaturgin gelungen ist, die Auffassung des jungen Büchners, dass „es in niemands Gewalt liegt, kein Dummkopf oder kein Verbrecher zu werden, weil wir durch gleiche Umstände wohl alle gleich würden, und weil die Umstände außer uns liegen“ offenzulegen.

 

Woyzeck, der sozialen Unterschicht angehörend, hetzt zwischen verschiedenen Jobs hin und her, wird vom Doktor als Versuchskaninchen mit einer Erbsenkur misshandelt, vom melancholischen Hauptmann ständig zurechtgewiesen, vom Tambourmajor zusammengeschlagen, von seiner Freundin Marie betrogen und von seiner Umgebung verhöhnt. Das Wasser steht ihm sprichwörtlich bis zum Halse. Er leidet an paranoiden Wahnvorstellungen und ersticht schließlich – nicht nur aus Eifersucht, sondern um sich von all seinem schweren Druck zu befreien - mit sieben Messerstichen seine Freundin.

 

Wird Woyzeck als Täter oder Opfer wahrgenommen? Durch die schauspielerische Arbeit ist es gelungen, das Handeln der Hauptfigur besser verstehen und nachempfinden zu können. Es ist offensichtlich geworden, welche Folgen es haben kann, wenn soziales Elend und Ausgrenzung zu einem verlorenen Selbstwertgefühl und völliger Verzweiflung führen. Damit hat das Stück nichts an seiner Brisanz verloren.